Was bedeutet Zivilcourage für Jugendliche der Deutsch Skandinavischen Gemeinschaftsschule Im Rahmen einer Wanderausstellung in den Nordischen Botschaften diskutieren Jugendliche über Zivilcourage.
Im Oktober 1943 wurde ein große Mehrheit der dänischen Jüd*innen gerettet. Viele Däninnen und Dänen organisierten riskante Bootsrettungsaktionen, um ihre jüdischen Landsleute nach Schweden und damit in Sicherheit zu bringen. In einer Ausstellung beschäftigen sich Jugendliche der Deutsch Skandinavischen Gemeinschaftsschule mit dem Schicksal und dem Thema Zivilcourage.
„Was bedeutet eigentlich Zivilcourage?“, möchte die Referentin der schwedischen Botschaft von den Jugendlichen der Deutsch Skandinavischen Gemeinschaftsschule erfahren. „Anderen Menschen helfen, wenn sie in Not sind.“, antwortet eine Schülerin. Darum soll es heute gehen: Um Mut und Hilfe. Die Rettungsaktion im Oktober 1943 in Dänemark ist dafür ein prägendes Beispiel.
In der Wanderausstellung „Oktober 1943 – Das Schicksal der Juden aus Dänemark“ erinnern die Nordischen Botschaften an dieses Ereignis und die damit verbundene Zivilcourage. Die Klassen 9 und 10 der Deutsch Skandinavischen Gemeinschaftsschule wurden von der schwedischen Botschaft eingeladen, diese Ausstellung zu besuchen.
„Anderen Menschen helfen, wenn sie in Not sind.“
Zu Beginn schauen die Jugendlichen im Auditorium der schwedischen Botschaft den 20-minütigen Film „Voice in the Void – Holocaust Dokumentary Short Film“. In dem Film schildert ein Zeitzeuge – ein dänischer Jude – seine Erfahrungen aus dem Jahr 1943. Seine Ausführungen sind ausdrucksstark illustriert. Die komplette Vorführung über ist es still. Alle sind konzentriert und aufmerksam. Der Film endet mit den Worten des Zeitzeugen: „Wir sind den Menschen dankbar, die uns geholfen und ihr Leben in Gefahr gebracht haben. Ich denke, die Botschaft ist, dass man seinem Gewissen folgen sollte. Wenn Sie das Gefühl haben, dass Sie etwas tun müssen, sagen Sie nicht: ‚Sollen doch andere’, sondern tu es selbst. Machen Sie den Unterschied.“ Viele der Jugendlichen haben durch den Film zum ersten Mal von diesem Ereignis erfahren.
Mit dem Film im Kopf geht es nun in den zweiten Stock zur Ausstellung. Die Infotafeln sind in der Form eines Flüchtlingsbootes gestaltet. Die Schau erzählt von jüdischem Leben in Dänemark, lässt verschiedene Stimmen zu Wort kommen und schildert eindringlich die Rettungsaktion im Oktober 1943. Die Jugendlichen können hier noch einmal detailliert erfahren, dass die deutsche Besatzungsmacht in der Nacht vom 1. auf den 2. Oktober 1943 in Dänemark eine Razzia zur Gefangennahme und Deportation der Juden in Dänemark organisierte. Mehr als 7 000 Männer, Frauen und Kinder mussten sich verstecken. Durch die Rettungsaktion konnte die große Mehrheit der Jüd*innen aus Dänemark gerettet werden, doch fast 500 von ihnen wurden gefasst oder von Kollaborateuren denunziert und ins Ghetto Theresienstadt deportiert. Die Jugendlichen sprechen über das Gelesene. „Hast du das gewusst?“, fragt eine Schülerin einen Schüler, als sie die Geschichte der Bootsrettungsaktion liest. Der Schüler schüttelt mit dem Kopf.
Die Jugendlichen werden nun in zwei Gruppen aufgeteilt. In den Gruppen diskutieren sie über das Erfahrene und sprechen über Zivilcourage. „Wie stark reagiert ihr auf Ungerechtigkeit?“, fragt eine Referentin der dänischen Botschaft, die die Diskussion moderiert. Ein großer Teil der Jugendlichen würde von sich behaupten, stark auf Ungerechtigkeit zu reagieren. So richtig konkret werden möchte aber dann doch keiner. Die Frage scheint noch etwas groß. „Gab es Situationen, in denen du dich schon einmal selbst in Gefahr gebracht hast, um jemanden anderen zu helfen?“ Einige der Jugendlichen berichten davon, dass sie in Situationen, in denen sie Konflikte beobachtet haben, andere Menschen nach Hilfe gefragt haben, um den Konflikt zu klären. Auch das ist Zivilcourage, bestärkt die Referentin die Jugendlichen. „Nicht wegschauen, sondern Hilfe holen und handeln.“
Um dem Wort ‚Zivilcourage‘ noch etwas näher zu kommen, fragt sie, was das Wort ‚Courage‘ bedeutet. „Courage bedeutet Mut.“, sagt ein Jugendlicher und führt aus, dass es darum geht, Mut zu haben, sich für Menschen einzusetzen, wenn diese in Gefahr sind.“ Eine Schülerin meint, dass es darum geht, zu helfen, wenn Hilfe notwendig ist. Doch wie bringt man den Mut auf? Lässt sich Zivilcourage lernen? „Man kann Zivilcourage auch üben, in dem man mit kleinen Dingen anfängt und Hilfe anbietet.“, sagt ein Schüler, „In den ersten Situationen ist man oft noch unsicher.“ Eine Jugendliche ergänzt: „Man lernt aus den Erfahrungen, die man damit macht.“
Zum Ende diskutieren die Jugendlichen darüber, in welchen Orten die Zivilcourage eher hoch ist. Ein Schüler ist der Meinung: „In kleinen Orten gibt es wahrscheinlich mehr Zivilcourage als in Städten, weil der Zusammenhalt größer ist und sich jeder kennt.“ Es sind sich aber alle darüber einig, dass auch in Berlin die Zivilcourage hoch ist. „Ich habe schon oft erlebt, dass sich Menschen in Berlin gegenseitig unterstützen.“, sagt eine Schülerin. Das inspiriert dazu, auch selbst mehr aktiv zu werden. Mit diesen Gedanken verlassen die Jugendlichen die Nordischen Botschaften nachdenklich.