Junge Autor*innen an der Deutsch Skandinavischen Gemeinschaftsschule
Rezeptbücher, Geschichten über Freundschaft oder Tipps und Tricks für den Alltag. Geschrieben und erstellt von Kindern der 1. bis 6. Klasse. Im Autor*innen-Projekt an der Deutsch Skandinavischen Gemeinschaftsschule schreiben Kinder innerhalb von zwei Wochen eigene kleine Bücher. Kleine Autor*innen voller Freude und Stolz.
„Die Kinder kamen in die Klasse, haben ihre Laptops aufgeklappt und sich direkt mit ihrem Buch beschäftigt. Sie haben einfach von sich aus angefangen – ohne, dass ich sie dazu motivieren musste.“, erzählt Melissa Beilecke, Koordinatorin der Klassen 4, 5 und 6 der Deutsch Skandinavischen Gemeinschaftsschule. Sie hat das Autor*innen-Projekt begleitet und das Projekt zusammen mit ihrem Team organisiert. Knappe zwei Wochen haben die Kinder an ihrem Buch gearbeitet. Jeden Tag konnten sie einige Stunden schreiben und gestalten. Was sie schreiben, welche Sprache sie nutzen und wie sie vorgehen, ist ihnen überlassen. Alles ist möglich. Das große Finale ist die Präsentation einiger Bücher – mit Bühne, Mikrofon und Publikum.
Am Anfang der Projektwoche sind viele Kinder noch unsicher, worüber ihr Buch handeln soll oder was für eine Art von Buch sie schreiben möchten. Einige Kinder haben sich für ein Rezeptbuch entschieden, mal mit den Lieblingsgerichten – Pizza und Kuchen sind hier große Favoriten –, mal mit Rezepten, die sie bereits gelernt und selbst ausprobiert haben. Andere schreiben über Erlebnisse auf Klassenfahrten, über ihr großes Fußballidol – Christiano Ronaldo –, Anleitungen und Geschichten über Minecraft oder sie beschäftigen sich mit dem Weltall.
So zum Beispiel Kaan. Er schreibt von Schwarzen Löchern, in denen „Dinge langgezogen werden wie eine Nudel“ über den Planeten Merkur, „auf dem es auf der Tagseite ca. 467 °C heiß ist“ und die Sonne, „die eine Anziehungskraft auf die Planeten und Himmelskörper ausübt“. Sein Mitschüler beschäftigt sich für sein Buch intensiv mit Skorpionen und erzählt, dass Skorpione neben zwei Augen bis zu weitere zehn Augen haben können, die sogenannten Lateralaugen. Trotz der vielen Augen könnten sie jedoch meistens nur hell und dunkel unterscheiden.
„Die Kinder erweitern ihren Zugang zum Medium Buch, sie entwickeln ein feineres Gefühl für Sprache und Geschichten, sie setzen sich mit dem Aufbau einer Geschichte auseinander. Und in der Recherche für das Buch lernen sie darüber hinaus“, sagt Beilecke. „Viele Eltern haben mir die letzten Tage Mails geschrieben und mich auf das Projekt angesprochen.“ Die Eltern teilen ihr mit, dass die Kinder zu Hause begeistert von ihrem Buch erzählen. „Besonders auch diejenigen, die sonst zu Hause eher weniger von sich aus über die Schule sprechen.“, freut sich Beilecke.
Den einfachen Zugang zum Format Buch schafft das digitale Tool WriteReader. Es ist von einem dänischen Pädagogen entwickelt worden. Durch den klaren Rahmen des Tools ist das Erstellen eines Buchs für die Kinder intuitiv und motivierend. WriteReader bietet ein Textelement, ein Bildelement und Sprechblasen. Bilder lassen sich entweder direkt aus einer vom Tool mitgelieferten Bilder-Mediathek wählen oder selbst hochladen. Auch das Hinzufügen neuer Seiten ist mit einem Klick möglich. „Es ist ganz einfach und macht Spaß“, sagt eine Schülerin aus der 4. Klasse. Alle Kinder sind konzentriert, tauschen sich aus, geben Tipps und inspirieren sich gegenseitig.
Während in den Klassen 4, 5 und 6 vor allem eigene Texte entstehen, sind es in den Klassen 1, 2 und 3 eher Bilderbücher. Sofiya ist in der 1. Klasse und kommt aus der Ukraine. Noch kann sie eher wenig Deutsch sprechen. Sie hat sich für ein Bildwörterbuch entschieden, mit dem sie selbst lernen kann und welches auch anderen Kindern helfen soll, die noch nicht so gut Deutsch sprechen. Die Bilder hat sie selbst gemalt. In ihrem Buch finden sich unter anderem Zeichnungen von einem Teller, einem Stuhl und von Besteck. Zu jedem Bild gibt es das entsprechende Wort auf Deutsch und auf Ukrainisch, sodass jede*r mit dem Buch ganz leicht die Worte lernen kann.
Zur Abschlusspräsentation haben sich viele Eltern und Kinder im Foyer eingefunden. Einige der Kinder sind aufgeregt. Sie werden gleich das erste Mal auf einer Bühne in ein Mikrofon sprechen und ausgewählte Seiten ihres Buches vorlesen. Alle sind aufmerksam. Die Anspannung ist groß.
Kaan nutzt die Bühne, um begeistert von seinem neuen Wissen vom Weltraum zu erzählen. „Es ist ein faszinierend großer Raum, in dem man viele Entdeckungen machen kann. Vielleicht auch Aliens. Aber ich zweifele an deren Existenz“, teilt er dem Publikum begeistert mit. Ivan ist in der 5. Klasse und kommt wie Sofiya auch aus der Ukraine. „Mein Buch geht um die Geschichte der Berliner Mauer“, stellt er sein Buch vor. In seinem Buch geht es um den Bau der Mauer, die Gedenkstätte an der Bernauer Straße, die Grenzanlagen und die damit einhergehende Trennung von Familien und Freunden. Auch in seinem Buch sind die Texte auf Deutsch und Ukrainisch. Seine Präsentation beendet er mit den Worten „Denn Zukunft braucht Erinnerung“, die noch länger im Kopf bleiben.
Nach jeder Geschichte gibt es großen Applaus. Die Kinder feuern sich gegenseitig an, rufen den Namen der Vorleser*innen und zeigen große Wertschätzung. Koordinatorin Melissa Beilecke ist nach der Präsentation erleichtert und glücklich. „Auch eher schüchterne Kinder sind ganz aus sich herausgegangen und wollten unbedingt ihr Buch präsentieren. Sie sind so stolz auf ihr eigenes Werk. Die Präsentation ist ein großer und wichtiger Teil des Projekts. Das bleibt in Erinnerung.“, sagt sie zurückblickend. Die Kinder können auch weiterhin mit dem Tool zu Hause weiterschreiben. Einige Kinder haben schon erste Ideen für weitere Bücher. An der Deutsch Skandinavischen Gemeinschaftsschule wachsen nun junge Autor*innen heran.