Vicky Hannebauer über ihre Erfahrungen mit dem Montessori-Kurs PRIMA 6-12

Vicky hat den Montessori-Kurs PRIMA 6-12 absolviert. Neben ihrer Rolle als Mutter von vier Kindern ist sie Coach und Familienberaterin. Im Interview erzählt sie, warum sie sich für den Kurs entschieden hat, was sie dort gelernt hat und wie sie Montessori in ihrem Alltag erlebt.

Vicky, du hast den Montessori-Kurs PRIMA 6-12 besucht. Was hat dich dazu bewegt, diesen Weg zu gehen?

Ich wollte verstehen, was es konkret bedeutet, ein Kind auf eine Montessori-Schule zu schicken. Für viele Eltern wirkt das Konzept erstmal wie eine Blackbox – was machen die Kinder da eigentlich? Ich wollte hinter die Kulissen schauen. Mein erster Berührungspunkt mit Montessori war der PRIMA-Kurs für die Altersgruppe 0-3 in Berlin. Als meine Kinder älter wurden, war klar: Ich möchte noch tiefer in diese Pädagogik eintauchen.

Was genau lernt man im PRIMA 6-12 Kurs?

Der Kurs gibt nicht nur theoretisches Wissen über Montessori weiter, sondern ist unglaublich praxisnah. Man erlebt hautnah, wie Unterricht aufgebaut ist und wie man Kinder auf ihrem individuellen Lernweg begleiten kann. Ich habe Ordner über Ordner mit detaillierten Materialien darüber, wie man Inhalte vom Satz des Pythagoras bis zu binomischen Formeln mit Montessori-Materialien vermittelt. Man lernt, die Kinder dort abzuholen, wo sie stehen, und ihnen gezielt Impulse zu geben, damit sie selbstständig weiterlernen.

Was sind die pädagogischen Schwerpunkte, die in diesem Kurs vermittelt werden?

Für mich war die größte Erkenntnis, dass Montessori viel tiefer geht, als viele denken. Außenstehende erwarten manchmal garnicht, wie wissenschaftlich und strukturiert die Pädagogik trotz aller Freiheiten ist. Ein Schlüsselmoment für mich war mein Praktikum, bei dem ich eine 1-2-3-Klasse beobachten durfte. Dort saßen Erstklässler, die dreistellige Zahlenwurzel zogen – Konzepte, die in Regelschulen erst Jahre später eingeführt werden.

Montessori bedeutet: Es steht nicht zur Debatte, ob gelernt wird, sondern was, mit wem und in welchem Tempo. Die Kinder haben Freude am Lernen, weil sie nicht einem starren Lehrplan folgen, sondern ihre eigenen Interessen entdecken und vertiefen dürfen. Es gibt keine festgelegten Stundenpläne nach dem Motto „Jetzt ist Mathe dran“, sondern es geht um ein natürliches, forschendes Lernen.

Und so verstehen viele Kinder auch komplexere Themen schon sehr früh. An Regelschulen geht der Unterricht häufig auch an ihnen vorbei. Montessori bleibt länger auf der konkreten, anschaulichen Ebene und führt nicht zu früh zur abstrakten Theorie. Die Materialien helfen, ein tiefes Verständnis zu entwickeln. Wenn ein Kind Quadratzahlen mit bunten Perlen legt, begreift es den mathematischen Zusammenhang auf eine Weise, die bloße Zahlen auf dem Papier niemals vermitteln könnten. Das fördert nicht nur das Verständnis, sondern auch die Begeisterung für das Lernen.

Du bist auch Familiencoach. Inwiefern beeinflusst Montessori deine Arbeit mit Eltern?

In meinem Coaching geht es darum, Eltern zu unterstützen, die sich im Alltag nicht ständig in Machtkämpfen mit ihren Kindern wiederfinden wollen. Montessori zeigt mir, wie wichtig es ist, Kinder nicht als zu erziehende Wesen zu betrachten, sondern ihnen Räume zu geben, in denen sie sich selbstständig entfalten können.

Viele Eltern wünschen sich, dass ihre Kinder selbstständig werden, wissen aber nicht, wie sie das unterstützen können. Oft sind es kleine Dinge – ein Spiegel in Kinderhöhe am Waschbecken, damit sie selbst sehen, ob sie sich ordentlich gewaschen haben. Oder ein Gespräch beim Tanken: „Es passen 80 Liter ins Auto, aber wir haben nur 74 getankt – wie viel war wohl noch drin?“ Montessori bedeutet, die Welt mit offenen Augen zu betrachten und Gelegenheiten für selbstwirksames Lernen zu erkennen.

Wie hast du die Gruppe im PRIMA-Kurs erlebt?

Die Mehrheit waren natürlich Pädagogen, aber es gab auch einige Teilnehmer mit anderen Hintergründen. Die Dynamik verschiedener Menschen, die hier zusammen gekommen sind war bereichernd! Über die drei Jahre ist unsere Gruppe unglaublich zusammengewachsen, wir haben uns gegenseitig motiviert und unterstützt – ohne diesen Zusammenhalt wäre es viel schwieriger gewesen, den Kurs erfolgreich abzuschließen.

Wie läuft die Ausbildung genau ab?

Der PRIMA-Kurs 6-12 ist berufsbegleitend aufgebaut und dauert drei Jahre. Die Inhalte sind nach Fächern wie Biologie, Mathematik, Sprache oder Geografie gegliedert. Pro Wochenende wurde ein Thema intensiv behandelt, manche über mehrere Wochenenden. Die Treffen fanden einmal im Monat statt, meist von Donnerstagabend bis Samstag.

Neben den Seminaren gab es praktische Aufgaben: Beobachtungen in Montessori-Einrichtungen, eigene Unterrichtsvorbereitungen und Materialentwicklungen. Alles, was wir gemacht haben, hatte einen direkten Bezug zur pädagogischen Praxis. Natürlich kann das Zeitmanagement auch herausfordernd sein, aber am Ende hat alles gepasst.

Wie würdest du Montessori-Pädagogik in wenigen Sätzen zusammenfassen?

Montessori ist eine wissenschaftliche, aber kindgerechte Art zu lernen. Es geht darum mit Freude, Eigenständigkeit und Forschergeist die Welt zu entdecken. Lernen geschieht nicht durch Druck, sondern durch Neugier. Und genau das macht den Unterschied.