Montessori-Pädagogik in der Sekundarstufe
Wie wird die Montessori-Pädagogik in der Sekundarstufe umgesetzt? Was heißt Erdkinderplan? Im Interview gibt Dr. Ela Eckert, Erdkinderplan-Expertin und Montessori-Dozentin, Antworten.

Wie kann die Montessori-Pädagogik in der Sekundarstufe gelebt werden? Wie kann ich ein entsprechendes Konzept umsetzen? Wie unterscheidet sich das Konzept in der Sekundarstufe 1 und in der Sekundarstufe 2? Das „Erkinder-Seminar“ legt den Fokus auf die Erziehung und Bildung von Jugendlichen im Alter zwischen 12 und 18 Jahren und vermittelt die theoretischen Ansätze ganz praxisnah.

Jeder hat eine Vorstellung von seiner eigenen Zeit an der Schule in der Sekundarstufe. Wie unterscheidet sich das Konzept von dem bekannten Unterricht in der Sekundarstufe?

„In der Montessori-Pädagogik stehen immer die Entwicklungsbedürfnisse der Kinder und Jugendlichen – je nach Altersbereich – im Fokus. Jugendliche – so Montessoris Beobachtung – befinden sich in einer umfassenden Umbruchphase, sowohl physisch als auch geistig-emotional. Vor allem in der frühen Adoleszenz lernen sie eher durch praktische Erfahrungen, also von der Praxis zur Theorie. In der traditionellen Sekundarschule wird dagegen oft erwartet, dass die Jugendlichen fast ausschließlich von der Theorie ausgehend lernen. Maria Montessoris Ansatz für Jugendliche ist ein Setting, in dem Jugendliche Erfahrungen mit den Grundstrukturen der Gesellschaft machen können, und das geht hervorragend auf einer Farm bzw. auf einem Bauernhof. Dieses Arrangement ermöglicht unterschiedlichste Erfahrungen in vielen Bereichen – vom Pflanzenanbau über Tierhaltung, zur Erstellung von Business-Plänen und zum Umgang mit und der Wartung von Werkzeugen und technischen Geräten. Die Jugendlichen können auf viele Weise selbst aktiv werden, in kleinen Teams praktisch arbeiten, Entscheidungen zur Erweiterung der Farm treffen, Dinge selbst verwalten. Durch diese Arbeit und die Auseinandersetzung damit lernen sie praktisch. Sie merken schnell, dass dazu eine Menge an theoretischem Hintergrundwissen nötig ist, dass sie eventuell Expert*innen hinzuziehen müssen, sie aber auch Geld generieren, das dann in weitere Ausbauvorhaben investiert werden kann. Solche Zusammenhänge möchten die Jugendlichen ergründen und so gut wie möglich umsetzen.“

„Maria Montessoris Ansatz für Jugendliche ist ein Setting, in dem Jugendliche Erfahrungen mit den Grundstrukturen der Gesellschaft machen können.“


Im Rückblick auf die eigene Schulzeit ist das sehr nachvollziehbar. Wie ist es mit Schulen, die aufgrund ihres Schulgebäudes oder der urbanen Umgebung wenig Möglichkeiten haben, eine Art Bauernhof zu nutzen und zu gestalten?

„Es ist eine zusätzliche Ausbildung, die auf eine pädagogische Grundausbildung aufbaut. Wir sprechen im Erdkinder-Seminar über den authentischen Ansatz des Konzepts. In der Praxis sind es zunächst oft kleine Schritte, die man gehen kann. Wenn man das Ideal nicht erreicht, können dennoch wichtige Fortschritte und Entwicklungen für die Jugendlichen entstehen. In Göttingen gibt es eine Montessori-Schule, die in einem ganz traditionellen Schulgebäude untergebracht ist. Dort hat man sehr genau überlegt, wie man das Konzept für die Jugendlichen an diesem Standort umsetzen kann. Es hat damit angefangen, dass die Jugendlichen ihre Etage selbst sauber halten. Das Geld, dass sie dafür erhalten – das sonst für eine Reinigungsfirma ausgegeben werden würde – konnten sie investieren, um andere Dinge zu erreichen. Sie haben eine eigene Küche eingerichtet, um ihre Mahlzeiten mittags selbst zu bereiten. Später pachteten sie eine Obstbaumwiese, um Obst anzupflanzen, zu ernten und zu vermarkten. Inzwischen besitzen sie eine Imkerei, haben praktisch und theoretisch gelernt, was zur Bienenzucht alles dazu gehört und wie sich der Honig gut verkaufen lässt. So haben sie nach und nach verschiedene Bereiche, die zum Erkinderplan gehören, mit ihren Möglichkeiten erfüllt – obwohl sie den Zugang zu einer Farm, so wie es eigentlich gedacht ist, nicht haben.“