Interviewreihe "Meine Schulzeit" mit Jean-Michel
Im Interview spricht er über seine Schulzeit, über Selbstständigkeit und die Gründung eines eigenen Unternehmens.
Du bist in der zweiten Klasse von einer Regelschule auf den Montessori Campus Berlin Köpenick gewechselt. Wie hast du die erste Zeit an der Montessori-Schule erfahren?
„Der Unterricht an der Regelschule war sehr frontal. Ich konnte mich schlecht konzentrieren und fühlte mich nicht so richtig wohl. Der Wechsel an den Montessori Campus Berlin Köpenick war dann erst einmal eine Umstellung. Ich hatte auf einmal sehr viel Freiheiten und musste selbst gestalten, wie ich etwas lerne. Es gab feste Ansprechpartner*innen und wenn ich Unterstützung brauchte, dann konnte ich darauf zurückgreifen. So wurde ich erst mal auf dem Weg zum selbstständigen Lernen begleitet.“
Wie kann ich mir eine Begleitung zum selbstständigen Lernen vorstellen?
„Am Anfang war ich wahrscheinlich so wie jedes Kind, dass sich frei entscheiden kann: Ich habe die Dinge gemacht, die mir Spaß machen. In dem Alter also: viel gezeichnet und gebastelt. Meine Lernbegleiterin hat mich dann an die Hand genommen und mir gezeigt, wie ich meine Lieblingsaktivitäten mit dem Lernen verbinde. Dadurch hatte ich mich dann viel mehr mit den Montessori-Materialien beschäftigt, wodurch ich viel praktischer gelernt habe – und nicht mit langweiligen Arbeitsblättern wie in der alten Schule. Es wurde durch die Materialien lebendiger und nachvollziehbarer. Dieser Freiraum und das selbstständige Lernen führten dazu, dass ich strukturierter lerne, mehr Eigeninitiative zeige, meine Zeit besser einplanen kann und Aufgaben entsprechend effizienter erledige. Ich bin dadurch selbstständiger geworden.“
In der Montessori-Pädagogik gibt es bis zur 9. Klasse keine Noten. Was hatte das für einen Einfluss auf dich?
„Statt Noten gibt es eine Selbsteinschätzung und die Einschätzungen der Lehrer*innen. Die sind viel detaillierter als Noten. Wenn dann deine Selbsteinschätzung mit der der Lehrer*innen nahezu übereinstimmt, dann bist du natürlich stolz. Das ist ein gutes Gefühl. Mein Ziel war es immer, mich selbst gut einzuschätzen. Noten sind vielleicht gut für eine grobe Einschätzung. Mit der detaillierten Einschätzung erkennst du dein Entwicklungspotenzial aber viel besser und bekommst entsprechende Unterstützung.
Ich habe mich beispielsweise recht früh für Veranstaltungstechnik interessiert und hatte in der Schule angefangen, mich dahingehend mehr einzubringen sowie mir mehr Wissen anzueignen. Irgendwann hatte ich dann alle Aufgaben rund um Veranstaltungstechnik in der Schule übernommen. Mein Musiklehrer hat mich darin motiviert und bestärkt.“
Du hast im Jahr 2020 ein eigenes Unternehmen mit ehemaligen Mitschüler*innen gegründet. Wie genau kam es dazu?
„Ich wollte mich auch weiterhin neben meinem Beruf mit Veranstaltungstechnik beschäftigen. Unsere Gründungsphase war direkt in der Pandemie. Durch die Pandemie haben wir uns dazu entschieden, unseren Fokus auf Videoproduktion und Medienstreaming zu legen – mit dem Schwerpunkt auf die Videoproduktion. Ich habe mir darüber viele Gedanken gemacht: Was ist die richtige Rechtsform? Wird das mit den Finanzen funktionieren? Wie gewinne ich Kunden? Wo muss ich mich anmelden? Wie läuft das mit den Steuern? Woher bekomme ich eine Finanzierung? Das waren erst einmal Fragen, mit denen ich mich beschäftigt habe.“
Was würdest du Menschen raten, die gründen möchten?
„Man sollte sich anfangs nicht allzu viele Gedanken machen. Man sollte einfach anfangen. Es gibt viele Plattformen wie Gruenderplattform.de, auf denen sich jeder informieren kann. Da sind alle Informationen zu finden, die zum Gründen wichtig sind. Die Gründung an sich ist dann ganz einfach. Es lohnt sich aber auf jeden Fall, sich Unterstützung durch eine Steuerberatung zu suchen.“
Wie prägt dich die Montessori-Pädagogik heute noch beim Lernen und Arbeiten?
„Ich versuche immer praxisbezogen zu lernen bzw. über verschiedene Lernkanäle. Das funktioniert nicht bei allem, aber im Rahmen der Selbstständigkeit kann ich viel ausprobieren, praktisch arbeiten und meine eigenen Erfahrungen machen. Das regt immer alle Lernkanäle an.“